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Upgrade für die Wissenschaft – Hochschule 4.0

Will Deutschland im Wettbewerb um die klügsten Köpfe wettbewerbsfähig bleiben und
nicht abgehängt werden, müssen die Hochschulstandorte Deutschlands endlich ihr volles
Potenzial ausschöpfen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Digitalisierung in
den Hochschulen vernachlässigt wurde. Die Liberalen Hochschulgruppen sehen darum
riesigen Nachholbedarf, denn die Corona-Pandemie und die Digitalsemester haben haben
nicht nur strukturelle Defizite in Forschung, Lehre und Verwaltung aufgedeckt,
sondern auch gezeigt, dass die Hochschulen für die nächste Krise besser gewappnet
sein müssen, gleichwohl sie bemerkenswertes geleistes haben. Deshalb setzen wir uns
für eine dringend benötigte allumfassende und ambitionierte Digitalisierungsstrategie
für die Hochschulen 4.0 am Wissenschaftsstandort Deutschland ein. Unsere Hochschulen
müssen endlich im 21. Jahrhundert ankommen!

Die Hochschule der Zukunft ist eine digitale Präsenzeinrichtung

Die Hochschulen der Zukunft sind digitaler. Lehre und Forschung sollen nach wie vor
überwiegend in Präsenz stattfinden und die persönliche Interaktion zwischen
Forschenden, Lehrenden und Lernenden in den Fokus stellen. Insbesondere sollen
Lehrveranstaltungen in Präsenz um digitale und hybride Angebote erweitert und ergänzt
werden, wo es einen tatsächlichen Mehrwert für die Lehrenden und die Studierenden
schafft und zu mehr Qualität und Innovation beiträgt. Auch wenn wir die
Digitalisierung unseres Hochschulwesens konsequent vorantreiben wollen, stellt die
Digitalisierung der Hochschulen keinen Selbstzweck dar. Digitale Hochschulen sind für
uns Präsenzuniversitäten in einer digitalen Gesellschaft, Hochschulen sollen nicht zu
Fernuniversitäten „um-digitalisiert“ werden. Analoge Konzepte können nicht einfach
ins Digitale übertragen werden, andersherum sind digitale Formate nicht zwangsläufig
analogen überlegen. Vielmehr muss Digitalisierung ganzheitlich gedacht werden: Neben
der notwendigen IT-Infrastruktur sind auch passende didaktische Konzepte und die
Vermittlung digitaler Kompetenzen erforderlich, damit die digitale Hochschule ihren
Zweck erfüllt und sowohl Studium als auch Forschung und Lehre nachhaltig verbessert
werden können.

Im Mittelpunkt steht der einzelne Lernende

Als liberale Jugendorganisation stellen wir das Individuum in das Zentrum der
akademischen Lehre und Forschung. In einer sich immer rasanter verändernden Welt sind
Flexibilität und Individualität im Studium ausschlaggebend für einen
eigenverantwortlichen Selbstlernprozess der Studierenden. Studiengänge sollen
dahingehend zunehmend aus starren Korsetten von Prüfungs- und Studienordnungen
befreit und der Neugierde und Selbstentfaltung der Lernenden gerechter werden. Die
Hochschullehrerinnen und -lehrer verstehen wir als kompetente Expertinnen und
Experten in ihren Fachdisziplinen. Ihre Aufgaben bestehen zum einen in der
Vermittlung des Fachwissens sowie wissenschaftlicher Methoden und zum anderen
zunehmend auch in der moderierenden Unterstützung der individuellen Lernprozesse der
Studierenden. Dabei erachten wir digitale Angebote für beide
Verantwortungsdimensionen der Lehrenden als hilfreich.

In Anbetracht der Eigenverantwortung der Studierenden messen die Liberalen
Hochschulgruppen der informationellen Selbstbestimmung und dem Datenschutz eine hohe
Wichtigkeit bei. Die hohen europäischen Datenschutzstandards, die bei allen zu
treffenden Maßnahmen berücksichtigt werden müssen, bilden die Grundlage der digitalen
Hochschule. Der Souverän seiner Daten muss jeder Lernende immer selbst sein. Um dem
Leitprinzip gerecht werden zu können, befürworten wir dezentrale Datenspeicherung in
Kombination mit Interoperabilität und Open Source-Entwicklungen. Einer digitalen
Zukunft der Hochschulen, die von diesen Werten geleitet wird, blicken wir mit
Optimismus entgegen und schlagen dafür folgende Maßnahmen in den nachstehenden
Handlungsfeldern vor.

IT-Infrastruktur und Ausstattung

Für digitale Hochschulen ist selbstredend eine umfangreiche IT-Grundausstattung in
Forschung, Lehre und Verwaltung nötig, die sowohl Hard- als auch Software
einschließt. Ein entsprechend hoher Finanzbedarf ergibt sich daher für die
Einrichtungen. Die Länder sind in der Pflicht, die Mehrkosten in geeigneter Weise in
der Grundfinanzierung zu berücksichtigen. Hochschulen können sich zudem für
Sponsoring durch Unternehmen öffnen.

Zur IT-Grundausstattung in den Hochschulen gehören neben Computern für Verwaltung und
Forschung auch campusöffentliche Computer für die Studierenden, die anstelle von oder
ergänzend zu eigenen Endgeräten genutzt werden können. Für letztere wiederum ist eine
umfangreiche Ausstattung der Hochschulgebäude und insbesondere der Vorlesungssäle mit
Steckdosen notwendig. Natürlich sollen die Hochschulen auch ein lückenloses, stabiles
und zuverlässiges Campus-WLAN für alle Angehörigen anbieten. Diesers soll aus dem
normalen Infrastrukturetat der Hochschule bezahlt werden. Hochschulen sollen in
geeigneter Weise für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende auch Mailing-, Cloud-
und Messenger-Dienste, Campuslizenzen für Office-Dienste sowie allgemeine und
fachspezifische Programme zur Verfügung stellen. Die digitale Hochschule eröffnet
auch Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice. Entsprechend
stellt sie Zugänge zur Verfügung und entwickelt geeignete IT-Sicherheits- und
Datenschutzkonzepte.

Die verschiedenen Anforderungen an Hard- und Software sollen in einem
Hochschulrechenzentrum gebündelt werden, das vorrangig aus Mitteln der Hochschule
finanziert wird. Solche Hochschulrechenzentren können einzelne oder mehrere
Hochschulen beliefern. Hochschulrechenzentren sollen sich austauschen und ihre
Dienste gegenseitig für alle Hochschulangehörigen öffnen. Eine arbeitsteilige
Spezialisierung kann zu einem effizienten und qualitativ hochwertigen Angebot für
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Verwaltungsangehörige und Studierende
führen.

Hochschulen 4.0 spiegeln den digitalen Wandel auch räumlich wider. Neue Lehr- und
Lernsettings erfordern auch neue Lernräume. In der digitalen Zukunft stehen
Interaktion und Kollaboration mehr im Vordergrund, daher werden neben Hörsälen,
Seminarräumen und Einzelarbeitsplätzen Gruppenräume oder digital ausgestattete
Coworking Spaces immer wichtiger. Hochschulen und ihre Bibliotheken sollen frühzeitig
entsprechende Entwicklungen in ihren Bauplänen bedenken und bei der Gebäudeplanung
auch arbeitspsychologisch geschultes Personal hinzuziehen.

Freie Vorlagen

Von den Hochschulen sollen mehr Lizenzen für kommerzielle Programme gekauft werden,
damit Studierende Fähigkeiten in diesen Bereichen sammeln können. Ergänzend sollte
open-source weiter gestärkt werden. Die während eines Studiums anzufertigenden
Arbeiten werden oftmals durch eine von der Hochschule bereitgestellte Vorlage
unterstützt. Diese Vorlagen sollen zukünftig auch in Formaten vorliegen, die jeder
Studierende, auch ohne ein kommerzielles Produkt erworben zu haben, verwenden kann.
Bestehende Vorlagen sollen zukünftig nach Möglichkeit nach und nach angepasst werden.
Neue Vorlagen sollen von Anfang an in entsprechenden Formaten vorliegen.

Die Hochschulen sollen anwendenden Instituten eine Empfehlung für open-source
Alternativen zu kommerziellen Programmen anbieten. Wenn Studierende für ihr Studium
Software verwenden müssen die nicht kostenlos angeboten wird, soll die Universität
diese Software bereitstellen wenn die Kosten sich im Rahmen halten. Dies stellt
sicher, dass Studierende jederzeit auch von Zuhause oder einem anderen Ort ihrer Wahl
arbeiten können.

Wissensbeschaffung und Medienmanagement

Der Zugang zu Wissen ist elementarer Bestandteil für eine erfolgreiche Lehre und
Forschung. Die begrenzte und örtlich eingeschränkte Bereitstellung von Wissen darf
nicht über den Erfolg des Studiums entscheiden. Für Hochschulen
bildet der Zugang zu Wissen die Grundlage für den Wettbewerb um die besten Ideen in
Forschung und Lehre. Dementsprechend setzen sich die Liberalen Hochschulgruppen für
eine Verbesserung der Wissensbeschaffung an allen Hochschulen und die
Chancengerechtigkeit in diesem Sinne für alle Hochschulangehörigen ein.

In der Bereitstellung von Medien muss weitergehend auch europäisch gedacht werden.
Wir fordern daher, dass sich die Bundesregierung für ein europaweites System
digitaler Fernleihen unter Kostenbeteiligung der Anfragenden einsetzt.
Entgegenstehendes nationales Urheberrecht ist durch eine europäische Richtlinie zum
vereinfachten Zugang zu Wissen im Binnenmarkt für Hochschulen eine großzügige
Bereichsausnahme für Wissenschaft und Forschung einzuräumen. Die Interessen der
Rechteinhaber sind entsprechend finanziell zu berücksichtigen. Das Auffinden von
Medien, welche die eigene Hochschule nicht besitzt, darf nicht mehr als einen Klick
entfernt sein.

Zudem sollen Hochschulen vermehrt in digitale Medien investieren und Schritt für
Schritt Präsenzbestände von Büchern durch Campus- und Heimzugänge für digitale Medien
ablösen. Der so neu gewonnene Raum in den Bibliotheken kann für die Interaktion
zwischen Forschenden und Studierenden genutzt werden. Zudem wird für Studierende und
Lehrende das mobile Arbeiten und Arbeiten im Homeoffice erleichtert. Die Finanzmittel
für Lizenzen sind den Hochschulen durch eine langfristige Mittelplanung durch das
jeweilige Land unter Kostenbeteiligung des Bundes zur Verfügung zu stellen. Die
Hochschulen müssen sich darum bemühen, den Studierenden den bestmöglichen Zugang zu
aktuellen nationalen und internationalen wissenschaftlichen Publikationen zu
ermöglichen. Wir Urheberrecht dahingehend anzupassen, dass ein Mindestzugang zu
Wissen zum Zweck der Wissenschaft und Forschung gewährleistet wird. Regelungen, die
einer Digitalisierung, automatischen Auswertungen und digitalen Fernleihen für den
öffentlichen wissenschaftlichen Gebrauch entgegenstehen, sollen aufgehoben bzw.
abgeschwächt werden. Zusätzlich soll der Bund die Veröffentlichung von
Forschungsergebnissen als Open Access fördern. Dazu sollen die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) im Plan S auf EU-Ebene und das Projekt DEAL auf
nationaler Ebene finanziell und ideell unterstützt werden.

Digitales Lehren und Lernen

Studierende an Hochschulen müssen sowohl für die gesellschaftliche Teilhabe als auch
für ihre berufliche Zukunft vorbereitet werden und daher digitale Kompetenzen
erwerben. Um diese Kompetenzen zu vermitteln, sollen digitalisierungsbezogene Inhalte
in die Hochschullehre und die akademische Lehrerbildung integriert werden. Relevante
Kompetenzen sind dabei nicht nur die sachgemäße Nutzung von Hardware, sondern auch
das Lernen mit digitalen Medien, über digitale Medien sowie die Reflexion der
Digitalisierung und deren Auswirkung auf die Gesellschaft. Diesem umfassenden
Verständnis von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird im Studium noch kaum
Rechnung getragen. Über diese Basiskompetenzen hinaus benötigen Studierende
Kompetenzen zu fachspezifischer Technologie und Wissen über den Einfluss der
Digitalisierung auf ihr zukünftiges Berufsfeld. Diese Inhalte können die Lehrenden an
Hochschulen nur vermitteln, wenn sie regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen und sich
über allgemeine wie auch fachspezifische Technologien und didaktische Neuerungen auf
dem Laufenden halten. Digitalisierungsbezogene Kompetenzen sollen verpflichtend und
spezifisch in jedem Studiengang vermittelt werden. Die curricularen Veränderungen
sollen auf Basis der Strategie zur Bildung in der digitalen Welt der
Kultusministerkonferenz (KMK) von 2016 und Empfehlungen von Expertinnen und Experten
zum Curriculum 4.0 und Future Skills durch die Hochschulen umgesetzt werden.

Neben dem Aufbau der digitalisierungsbezogenen Kompetenzen wird der fächer- und
seminarübergreifende Einsatz digitaler Medien im Studium in Form pädagogisch
sinnvoller Lernsettings angestrebt. Digitale Medien können die tiefere
Auseinandersetzung mit Inhalten fördern, wie sie gerade im Studium gefordert wird.
Durch Vorlesungsaufzeichnungen, Massive Open Online Courses (MOOCs), Online-Übungen
und -Workshops sollen Studierende ihre Lernsettings selbst bestimmen können. Das
orts- und zeitsouveräne Lernen ermöglicht die nötige Flexibilität, die vor allem im
Sinne der Inklusion mobilitätseingeschränkter oder pflegender bzw. betreuender
Studierender benötigt wird. Darüber hinaus profitieren auch berufstätige oder
internationale Studierende von einem so digital unterstützten Studium. Wir fordern
Bund und Länder auf, den Austausch von Lehrinhalten zwischen Hochschulen zu fördern
und dazu eine nationale virtuelle Hochschulplattform einzurichten. Die Inhalte sollen
für Studierende frei zugänglich gemacht werden. Dozierende in den Hochschulen
schaffen Inhalte und stellen sie bereit, die Qualitätssicherung erfolgt im Peer
Review-Verfahren. Das BMBF soll die digitale Infrastruktur aufbauen und erhalten.
Hochschulen sollen zusätzliche Finanzmittel erhalten, wenn ihre freien Online-
Veranstaltungen überdurchschnittlich oft besucht werden.

Als Konsequenz zu digitalen Seminaren sollen auch digitale Prüfungsformen angeboten
werden. E-Klausuren und adaptive Tests sollen dort angeboten werden, wo sie
didaktisch sinnvoll sind. In jedem Fall soll es Studierenden bei Hausarbeiten oder
Berichten möglich sein, die Leistungen in Form von getippten, statt handschriftlichen
Dokumenten einzureichen. Kein Studierender darf jedoch dazu gezwungen werden
Prüfungen digitaal abzuleisten. Analoge Alternativen sind auf Wunsch des Studierenden
anzubieten. Wir sehen in diesen Punkten die Hochschulen im Kompetenzrahmen ihrer
Selbstverwaltung in der Verantwortung, Zukunft durch die Anpassung von Prüfungs- und
Studienordnungen zu gestalten.

Digitale Studienorganisation und Studierendenverwaltung

Zusätzlich zum digitalen Lehren und Lernen spielen auch digitale Studienservices eine
wichtige Rolle. Die Digitalisierung der eigenen Studienorganisation und der
hochschulischen Studierendenverwaltung bieten großes Potenzial für die Lernenden und
für die Prozessoptimierung der Einrichtung.

Alle Hochschulen sollen Lernmanagementsysteme einführen und sukzessive ausweiten, um
neben den grundlegenden Funktionen wie Kursanmeldungen, Abrufen von Dokumenten und
Dateien oder der Gruppenorganisation auch Möglichkeiten für die digitale Interaktion
zwischen Lehrenden und Lernenden sowie unter den Studierenden sowie zum Aufzeichnen
und Anschauen von Lehrveranstaltungen anzubieten. Die Liberalen Hochschulgruppen
fordern die Hochschulen auf, eine Campus-App einzuführen, welche über die
Funktionalitäten des Lernmanagementsystems hinaus alle digitalen Services der
Hochschule und ihrer Partnereinrichtungen wie den Studierendenwerken bündelt (z.B.
Online-Lageplan, Raumbuchungen, Termine bei der Studienberatung oder der
Studienfinanzierung). Außerdem sollen die Hochschulen eine elektronische
Prüfungsverwaltungsplattform einführen, über die An- und Abmeldungen sowie die
Leistungsübersicht der Studierenden erfolgen kann. Auch die digitale Prüfungseinsicht
soll über eine solche Plattform möglich sein. Papierbasierte Prüfungen sollen nach
der Korrektur durch Scan digitalisiert werden und in einem Onlineportal zur Einsicht
durch den jeweiligen Studierenden bereitstehen. Anmerkungen und Nachfragen zur
Korrektur sollen möglich sein, Lehrende können auf der Grundlage der Annotationen der
Studierenden die Prüfungskorrektur nachbessern. Wir fordern die Hochschulen auf,
Abschlusszeugnisse digital auszustellen, sie mit einer individuellen digitalen
Signatur zu versehen und auch digitale Abschlusszeugnisse in ihren
Bewerbungsverfahren zu akzeptieren. Wenn Abschlusszeugnisse von allgemein- und
berufsbildenden Schulen folgen, können so Bewerbungsverfahren beschleunigt werden.

Außerdem fordern wir einen digitalen europäischen Studierendenausweis als App. Der
digitale Ausweis soll Studierenden Lernmobilität innerhalb von Europa ermöglichen,
Verwaltungsaufwand reduzieren und papierlose Prozesse etablieren. Ferner soll er
Zahlungsmöglichkeit bei universitären Dienstleistern, Zugangskarte zu
Hochschulgebäuden sowie auch zum digitalen Transfer von Studieninformationen dienen.
Daten sollen dezentral am Hochschulstandort gespeichert werden und durch den
Studierenden online für dritte Einrichtungen freigegeben werden können. Neben der
App- Lösung sollen Studierende aber auch die alternative Möglichkeit einer Chipkarte
als Studienausweis nutzen können. Die Liberalen Hochschulgruppen fordern die
Bundesregierung auf, auf ein EU-weites Programm für eine so beschriebene Ausweitung
der European Student Card hinzuwirken oder alternativ eine nationale Ausschreibung
für eine solche Studienausweis-App zu starten.

Digital forschen und Digitales erforschen

Neben dem neuen Lehren und Lernen in den Hochschulen der Zukunft soll auch die
Forschung digitaler werden. Dabei spielt unter anderem eine nationale
Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) eine wesentliche Rolle, die perspektivisch zu
einer europäischen Infrastruktur ausgebaut werden soll. Daher soll der Bund die
aktuellen Bestrebungen zum Aufbau der NFDI in den Fachcommunities weiterhin
unterstützen und verstärkt vorantreiben. Neben finanziellen Zuwendungen durch das
BMBF, die in einem wissenschaftsbasierten Verfahren durch die DFG vergeben werden,
soll die Bundesregierung innerhalb der EU den Aufbau der europäischen
Forschungsdateninfrastruktur (European Research Data Network) forcieren. Die
Bundesländer sollen in ihren Zielvereinbarungen mit den Hochschulen die Nutzung und
Erweiterung der NFDI durch die Hochschulen benennen und Anreize für Forschende
schaffen, um die Infrastruktur in die Breite auszurollen.

Forschung endet nicht an den Landesgrenzen einzelner Bundesländer und auch nicht an
den Grenzen Deutschlands. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich künftig für die
Einrichtung einer EU-weiten Projektdatenbank einzusetzen, in die sich europaweit
Forschende wie bspw. Doktoranden mit ihren jeweiligen Projekten eintragen können.
Dies soll zum einen Kontaktmöglichkeiten zwischen Forscherinnen und Forscher aus den
Nationalstaaten ermöglichen und kann zum anderen auch dazu dienen, Forschungsprojekte
voneinander abzugrenzen. Das Anliegen kann in einer Neuauflage des EU-Förderprogramms
für Forschung und Innovation Horizon 2020 umgesetzt werden.

Darüber hinaus soll nicht nur digitaler, das heißt unter Ausnutzung digitaler
Infrastruktur und Methoden, geforscht werden, sondern es soll auch die
Digitalisierung als gesellschaftlicher Wandel in all ihren Facetten untersucht
werden. Neben der Grundlagenforschung in der Informatik und anwendungsorientierten
Entwicklungen in den sogenannten Bindestrich-Informatiken sollen auch ökonomische,
soziale und ökologische Auswirkungen der Digitalisierung betrachtet werden. In diesem
Sinne sollen die verschiedenen Initiativen auf Bundes- und Länderebene zur Entstehung
von Digitalisierungsprofessuren gestärkt werden. Um die fähigsten Kandidatinnen und
Kandidaten für die Lehrstühle gewinnen zu können, muss die Flexibilisierung der W-
Besoldungs- und Beschäftigungsmodelle durch die Landesregierungen angegangen werden

Selbstverwaltung in der digitalen Hochschule

Der digitale Wandel zeichnet sich durch schnelle Veränderungen aus, auf die
Hochschulen mit ihren altherkömmlichen Verwaltungsstrukturen nur schlecht reagieren
können. Insbesondere das Potenzial der Studierenden als Lernende und Digital Natives
muss in der zukunftsfähigen Governance der Wissenschaftseinrichtungen ausgeschöpft
werden. Dazu sollen die Hochschulen ihre Grundordnungen für ein höheres Maß an
studentischer Beteiligung innerhalb der akademischen Selbstverwaltung öffnen.
Notwendig ist das Mitspracherecht der Studierenden in allen Belangen der
Digitalisierung in allen Bereichen, besonders im Bereich Studium und Lehre. Zu diesem
Zwecke sollen Institutionen wie ein studentischer Vizepräsident oder ein Student
Digital Officer geschaffen werden, die der Hochschulleitung als Ansprechpartner auf
Studierendenseite bereitstehen. In Bezug auf den Datenschutz sollen Studierenden
unbedingt in alle Prozesse eingebunden werden, in denen Studierendendaten verarbeitet
werden.

Digitale Hochschulen können darüber hinaus eine Ansprechperson im Hochschulpräsidium
benennen (z.B. hauptberuflicher Vizepräsident für Infrastrukturen und
Digitalisierung), die strategisch für die digitale Transformation der Einrichtung
verantwortlich zeichnet. Ergänzend kann ein Chief Information Officer (CIO) als
Information Officer (CIO) als technischer Ansprechpartner für die Digitalisierung an
der Hochschule fungieren und dem Hochschulrechenzentrum vorstehen. Bei der
Digitalisierung der Hochschulen sollen selbstverständlich auch Strukturen und
Prozesse der Verwaltung digitalisiert werden. Dazu gehören neben internen
Verwaltungsprozessen wie Reisekostenabrechnungen auch die Durchführung von Online-
Hochschul-Wahlen und die Möglichkeit zu virtuellen Gremiensitzungen, inklusive
Personenwahlen. Hochschulen sollen im Rahmen ihrer Selbstverwaltungskompetenz
entsprechende Ordnungen dahingehend anpassen.