1. Allgemeines
Liberale Forschungspolitik will zusätzliche Spielräume schaffen, Freiheitsräume erweitern und die Autonomie der Hochschulen stärken, um die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre zu erhalten und auszubauen.
Da Forschung heute oft äußerst kostspielig ist, wirkt sich die Forschungsfinanzierung mit der Auswahl von zu finanzierenden Forschungsprojekten stark auf die reale Freiheit der Wissenschaft aus. Oft entscheidet nämlich allein die finanzielle Absicherung über die Durchführung von Forschungsprojekten.
Erst durch eine gesicherte Forschungsfinanzierung ist deshalb die Freiheit von Wissenschaft und Forschung wirklich gesichert.
Wer Forschung finanziert, kann starken Einfluss auf Forschungsinhalte und -projekte nehmen. Ziel liberaler Forschungsfinanzierungspolitik ist deshalb ein Pluralismus auch bei der Forschungsfinanzierung. Je mehr Möglichkeiten zur Forschungsfinanzierung es gibt, desto unabhängiger kann die Forschung sein
2. Landes – und Bundesmittel
Die Hochschulen finanzieren sich zurzeit zum weit überwiegenden Teil aus direkten staatlichen Zuweisungen, vor allem der Länder. Die Finanzierung der grundlegenden Aufgaben der Hochschulen in Lehre und Forschung ist staatliche Aufgabe und muss es auch bleiben. Zu diesen grundlegenden Aufgaben gehört eine umfassende Forschung in allen Disziplinen und deren Verknüpfung mit der Lehre sowie eine breitangelegte Grundlagenforschung. Für die Erfüllung dieser Aufgaben, insbesondere in der Lehre und bei der eigenständigen Auswahl und Durchführung von Forschungsprojekten, dürfen die Länder ihre Verantwortung nicht abwälzen. Keine Hochschule darf darauf an gewiesen sein, zusätzliche Mittel einzuwerben, um ihre Existenz zu erhalten und ihr Grundangebot in Lehre und Forschung durchführen zu können. Aufgabe des Bundes und der Länder muss es bleiben, Hochschulbau und Großgeräte zu finanzieren. Die Ausstattung der Hochschulen mit Großgeräten ist in vielen Disziplinen Voraussetzung für das Verbleiben der Grundlagenforschung an den Hochschulen. Der starke Einfluss der Länder und die extrem detaillierten Bestimmungen zur Verwendung der Landes – und Bundesmittel bergen jedoch das Risiko der Gängel der Hochschulen durch Bund und Länder.
Deshalb fordert der LHG, die Mittel an die Hochschulen als globale Zuweisungen zu vergeben und von einer ex ante – Kontrolle zu einer ex-post-Kontrolle der Verwendung der Mittel überzugehen.
3. Forschung im Auftrage Dritter
Zurzeit macht die Forschung im Auftrage Dritter an der Hochschule einen relativ geringen Teil der gesamten Hochschulforschung aus. Drittmittelforschung kann die Hochschulforschung bereichern. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass die Hochschulforschung mit Problemen der praktischen Umsetzung von Forschung in Kontakt kommt. Drittmittel sind zusätzliche Mittel für die Hochschulen und können deren Freiheit im Sinne des oben genannten Forschungspluralismus erweitern. Wo sie die vorläufige Abhängigkeit vom Staat mindern, die zurzeit eine große Gefahr für die Freiheit von Lehre und Forschung darstellt, sind Drittmittel begrüßenswert. Dabei dürfen jedoch nicht neue Abhängigkeiten der Hochschulen, diesmal von den Drittmittelgebern, entstehen. Damit Drittmittel zusätzliche Mittel bleiben, fordert der LHG:
- Zuwendungen und Aufträge durch Dritte dürfen staatlichen Stellen keinen Vorwand bieten, sich vor der Finanzierung der Hochschulen zu drücken. Aus diesem Grunde dürfen Mittel Dritter nicht zur Minderung öffentlicher Zuwendungen führen.
- Die Möglichkeit, durch zusätzliche Mittel Spielräume zu erweitern und zusätzliche Projekte zu ermöglichen, ist Anreiz genug, Mittel Dritter einzuwerben. Weitere Anreize zur Erwerbung von Mitteln Dritter lehnt der LHG ausdrücklich ab, da sie die Drittmittelforschung unnötig privilegieren.
Die Forschung mit Mitteln der Wirtschaft stellt ein besonderes Problem der Forschung mit Mitteln Dritter dar. So ist z.B. der Ansatz dieser Forschung in der Regel auf praktische Umsetzung von Forschungsergebnissen und die Entwicklung von Produkten ausgerichtet. Deshalb ist der wissenschaftliche Gewinn dabei in der Regel gering. Es besteht damit die Gefahr, dass wissenschaftlich sinnvolle Projekte zugunsten von kommerziell erfolgreichen Projekten vernachlässigt werden.
Außerdem besteht die Gefahr, dass von Seiten der Drittmittelgeber in unzulässiger Weise auf Entscheidungen der Hochschulen Einfluss genommen wird. Der LHG fordert, dass sich auch die Forschung mit Mittel der Wirtschaft den in der Wissenschaft üblichen Regeln unterwirft.
Dazu gehört vor allem die alsbaldige Veröffentlichung aller Ergebnisse, die sinnvolle Einordnung der mit Mitteln Dritter finanzierten Forschung in den Gesamtzusammenhang der Forschungsinitiativen von Institut, Fakultät und Hochschule und der Verzicht auf unübliche Auflagen. Forschung im Auftrage Dritter ist nicht eine Dienstleistung der Hochschulen für die Wirtschaft, sondern soll partnerschaftlich zum Wissenschaftlichen Nutzen aller Beteiligten durchgeführt werden.
4. Zusammenwirken verschiedener Finanzierungsträger
Um einen Pluralismus in der Forschungsfinanzierung zu schaffen, also möglichst viele verschiedene Quellen für die Finanzierung der Hochschulforschung zu eröffnen, fordert der LHG:
- Die Mittel der Länder müssen deutlich erhöht werden, um die Grundfinanzierung der Hochschulen zu gewährleisten. Zurzeit reichen die Landesmittel oft noch nicht einmal zur Finanzierung der Lehre aus.
- Die Mittel des Bundes für den Hochschulbau und für Großgeräte müssen endlich dem Ausstattungsbedarf der Hochschulen angepasst werden. Nur dadurch kann die Grundlagenforschung an den Hochschulen gehalten werden.
- Die Mittel an die DFG müssen deutlich erhöht werden. Damit wird die Auswahl von Forschungsprojekten nach rein wissenschaftlichen Kriterien gefördert. Die DFG sollte mehr Mittel für geisteswissenschaftliche Forschung vergeben.
- Die Einwerbung von Mittel aus der Industrie darf nicht durch unnötige bürokratische Hemmnisse gefördert werden. Sie darf aber auch nicht besonders gefördert werden. Die Einwerbung von Mitteln aus der Wirtschaft muss unter der Verantwortung der Hochschulen bleiben und darf nicht ausschließlich dem einzelnen Forschenden überlassen werden.
- Andere Einrichtungen, z.B. Stiftungen, müssen geschaffen werden, die die Möglichkeit haben sollen, Mittel für Forschungsprojekte nach von ihnen selbst bestimmten Kriterien zu vergeben. Dabei sollen auch Kriterien wie die Förderung des demokratischen und sozialen Fortschritts und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zum Zuge kommen können. Die Hochschulen sollen dabei auf der Grundlage der staatlichen Absicherung ihrer Tätigkeit eine Auswahl unter verschiedenen zusätzlichen Forschungsfinanzierungsmöglichkeiten treffen können. Dies muß auch die Möglichkeit einschließen, Forschungsprojekte ablehnen zu können. Nur dadurch können die Hochschulen eigene Schwerpunkte setzen und auch Forschungen gezielt fördern, die in der Regel weniger zusätzliche Mittel erhalten, z.B. die Geisteswissenschaften.