Die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse in den Gremien der Hochschulen geben den Professoren eine übermäßig starke Stellung. Die Vertretung der anderen Gruppen (wissenschaftliche Mitarbeiter; Studenten) ist dagegen relativ schlecht. Die absolute Mehrheit der Professoren in den Gremien wird aus Gründen der Demokratieprinzipien von uns abgelehnt.
Die LHG fordert daher folgendes Modell zumindest für die Gremien durchzusetzen, in denen Fragen des Wissenschafts- und Lehrbetriebes erörtert werden.
Hochschulmitbestimmungsmodell
Besetzung der Gremien
Die Gremien der Hochschulen sollten mit den drei Gruppen der Professoren, der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der Studenten besetzt sein. Diese drei Gruppen sind mit dem Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrbetrieb der Hochschulen direkt verbunden und haben daher berechtigtes Interesse an einer angemessenen Vertretung. Die nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter können an einer solchen Vertretung kein Interesse haben. Ihre Mitbestimmungsinteressen in Verwaltungsangelegenheiten werden durch die Betriebsräte ausreichend wahrgenommen. Eine denkbare Zusammenlegung der Professoren und der wissenschaftlichen Mitarbeiter zu einer Interessengruppe würde den Unterschieden zwischen den Interessen der beiden Gruppen nicht gerecht. Zudem wird den Professoren kein Vetorecht zugebilligt, um eine absolute Machtentfaltung dieser Gruppe zu verhindern.
Stimmverteilung in den Gremien
Die Professoren sollten in den Gremien ein Stimmrecht von 40 % bekommen, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Studenten jeweils 30 %.
Die Stimmen der Professoren werden gegenüber den anderen beiden Gruppen aus folgenden Gründen stärker gewertet. Den Professoren kommt aufgrund der Tatsache, dass sie gegenüber Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern höher qualifiziert sind (dies auch besonders nachgewiesen haben) und darüber hinaus sehr viel länger an den Hochschulen verweilen eine besondere Stellung zu. Dieser Stellung muss auch beim Stimmrecht Rechnung getragen werden, da sonst die Freiheit der Forschung, Wissenschaft und Lehre gem. Art. S Abs. 3 GG nicht mehr gewährleistet ist. Diese herausragende Stellung hat das BVerfG in BVerfGE 35,79 ff. dargelegt und begründet. Eine absolute Mehrheit der Professoren in den Gremien hält das BVerfG in dem 6:2 Urteil zwar für notwendig, jedoch legen zwei Richter des BVerfG am Ende des Urteils dar, dass diese absolute Mehrheit ihrer Meinung nach nicht notwendig sei (BVerfGE aaO.). Uns erscheint eine absolute Mehrheit einer Gruppe aus Erwägungen der Demokratie an den Hochschulen als verfehlt. Erforderlich ist die Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des jeweiligen Gremiums in Fragen der Forschung und der Berufung.
Anmerkung I
Das Urteil des BVerfG aaO. bezog sich auf Westdeutschland. Zwar bezieht es sich nach der Vereinigung juristisch zweifelsfrei auch auf Ostdeutschland, jedoch ist die heutige Situation eine erheblich unterschiedliche als 1973. Würde die absolute Mehrheit, die das BVerfG als notwendig erachtet, bestehen bleiben, so würden die alten Lehrkräfte der ehemaligen DDR zumindest dann zusätzlich abgesichert, wenn ihre Qualifikationsnachweise anerkannt werden.
Anmerkung II
Nach dem Beschluss Nr. 58 der BMV Frankfurt (Hochschulautonomie) bekämen die Professoren noch wesentlich mehr Macht, wenn sie die absolute Mehrheit behalten würden. Sie wären dann nicht mehr Weisungen unterworfen und könnten sich auch innerhalb der Hochschule ohne Probleme durchsetzen. Eine solche Stellung weckt Gedanken an eine Diktatur. Die Freiheit der Lehre gem. Art. 5 Abs. 3 S. I Mögl. 3 wäre auch in einem solchen Fall nicht mehr gegeben, denn der Inhalt der Lehre könnte durch eine Gruppe (Professoren) beliebig beeinflusst werden.
Durchsetzungsweg
Die Parteien sollen durch Bundes-/Landesverbände angeregt werden, in den Landtagen dem Antrag entsprechende Gesetzesinitiative einzubringen. (Da dem Bund im Bereich der Hochschule nur die Rahmengesetzgebungskompetenz zusteht, erscheint eine Gesetzesinitiative im Bundestag wenig erfolgversprechend).
Im Falle eines Gesetzesbeschlusses folgt dem Gesetz möglicherweise eine Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG, die von Betroffenen (evtl. Professoren) angestrengt werden könnte. Das würde eine erneute Überprüfung durch das BVerfG mit möglicherweise anderem Ausgang nach sich ziehen.