Es kann nicht Ziel liberaler Politik sein, den nach. den Umwälzungen in der DDR in die Bundesrepublik Deutschland kommenden Studierwilligen aus der DDR den Zugang zu den bundesdeutschen Hochschulen zu verwehren. Der LHG wendet sich deshalb gegen alle Versuche wie sie gerade in letzter Zeit z.B. vom bayrischen Wissenschaftsministerium vorgeschlagen wurden ‑ Studierwilligen durch administrative Maßnahmen ‑ z.B. Nicht‑Anerkennung des DDR‑Abiturs und Einführung eines ein‑ oder zweijährigen Vorbereitungskurses ‑ den Zugang zu den bundesdeutschen Hochschulen zu verwehren. Studierwillige aus der DDR müssen bei gleicher Qualifikation die gleichen Chancen haben wie ihre bundesdeutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Angesichts der schon heute nur als katastrophal zu bezeichnenden Lage an den bundesdeutschen Hochschulen muss jedoch alles unternommen werden, die Hochschulen in der DDR so aus‑ und umzubauen, dass ein Studium in der DDR attraktiver wird und der Studierwillige aus der DDR dann auch tatsächlich an einer DDR‑Hochschule sein Studium aufnimmt. Mittelfristig ist aber anzustreben, dass auch bundesdeutsche Kommilitioninnen und Kommilitonen in der DDR studieren.

Dieser Umbau des DDR Hochschulsystems muss sofort in Angriff genommen werden, damit keine weitere Zuspitzung der Lage erfolgt.

Der LHG schlägt deshalb folgende Sofortmaßnahmen vor:

1) Sonderhaushalt für die DDR‑Hochschulen

Der LHG fordert die Bundesregierung auf, den für den Ausbau der DDR‑Hochschulen eingerichteten Sonderhaushalt beim Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft deutlich aufzustocken, und zwar auf etwa zehn Prozent des Ansatzes für die bundesdeutschen Hochschulen, d.h. etwa 400 Millionen DM für 1990.

2) Rechtssicherheit an den DDR‑Hochschulen

Die Hochschulen der DDR müssen autonom und selbstverwaltet werden, damit die alleinige Kompetenz bei der Gestaltung von Studiengängen und der Festlegung von Prüfungsordungen bei den Hochschulen liegt. Nur so kann gewährleistet werden, dass ein Studienanfänger die Gewissheit hat, dass er sein Studium in der begonnenen Form beenden kann und einen Abschluss erwirbt, der hinterher in beiden deutschen Staaten anerkannt wird.

3) Stärkung der Lehre

Um das Problem des Mangels an qualifiziertem Personal zu lösen, müssen verstärkt westdeutsche Lehrende an den DDR‑Hochschulen eingesetzt werden ‑ Professoren, aber gerade auch Angehörige des akademischen Mittelbaus. Auftretende Lücken an westdeutschen Hochschulen müssen durch Neueinstellungen gedeckt werden. Ebenfalls sollten allerdings auch Lehrkräfte von DDR­-Hochschulen an westdeutsche Hochschulen berufen werden, wo dies fachlich sinnvoll ist.

4) Verstärkte Kooperation zwischen den Hochschulen:

Die Zusammenarbeit zwischen den bundesdeutschen Hochschulen und den DDR‑Hochschulen muss verstärkt werden. So sollen gemeinsame Studiengänge entwickelt werden. Dies kann so geschehen, daß das Grundstudium in der DDR, das Hauptstudium aber in der Bundesrepublik Deutschland absolviert wird.

Außerdem soll jeweils eine nach dem Fächerspektrum geeignete bundesdeutsche Hochschule die Versorgung der ihr zugeordneten DDR‑Hochschule mit moderner, dem Forschungsstand entsprechender Literatur sicherstellen, indem die DDR‑Hochschule mittels Fernleihe an die Bibliothek ihrer Partnerhochschule angeschlossen wird. Außerdem sollte ein reger Austausch von Lehrenden und Lernenden in beide Richtungen stattfinden.

5) Stärkung der Forschung

Um die DDR Hochschulen attraktiv zu machen, muss die Forschung dort dringend ausgebaut werden. Deshalb müssen Forschungsanträge aus der DDR von den Vergebern von Forschungsmitteln (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Volkswagenstiftung, Ministerien) bevorzugt behandelt werden. Außerdem sollen Sondermittel für diesen Bereich bereitgestellt werden.

Ferner bleibt die westdeutsche Industrie aufgefordert, durch großzügige Sachspenden für die Ausstattung der DDR‑Hochschulen mit modernen Gerät Sorge zu tragen