Gemeinsam mit der akademischen stellt die studentische Selbstverwaltung die direkteste Ausdrucksform unseres demokratischen Systems an unseren Hochschulen dar. Durch die Hochschulpolitik kommen viele junge Menschen zum ersten Mal mit demokratischen Prozessen in Kontakt, ihre Ergebnisse betreffen sie als Studierende unmittelbar. Allerdings deutet die permanent niedrige Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen darauf hin, dass vielen Studierenden die Bedeutung der Selbstverwaltung unserer Hochschulen und der Hochschulpolitik insgesamt leider nicht bewusst sind.

Der Bundesverband der Liberaler Hochschulgruppen ist davon überzeugt, dass die Studierenden selbst am besten wissen, was gut für sie ist. Wir setzen uns deshalb für ein freies und selbstbestimmtes Studium ein. Um den vielfältigen Interessen und Belange der Studierenden mehr Geltung zu verschaffen, fordern wir außerdem eine Neustrukturierung und Stärkung der Selbstverwaltung an unseren Hochschulen auf Landesebene. Mit diesem Upgrade für die Selbstverwaltung an den Hochschulen wollen wir nicht nur die Strukturen demokratischer und partizipativer gestalten, sondern auch eine Kultur des gleichberechtigten Miteinanders schaffen, damit alle Statusgruppen in den Hochschulen als eine Gemeinschaft kollaborativ und innovativ die Zukunft ihrer Bildungseinrichtung gestalten können.

1. Akademische Selbstverwaltung

Die niedrige Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen kann auch als Ausdruck der Frustration vieler Studierenden verstanden werden, die oft das Gefühl haben, ohnehin nur wenig Einfluss auf die Hochschulpolitik nehmen zu können. Unser Ziel ist es deshalb, die Statusgruppe der Studierenden in der akademischen Selbstverwaltung zu stärken und besserzustellen, als es aktuell der Fall ist. Das wollen wir durch die nachstehenden Maßnahmen erreichen.

1.1 Hochschullehrer-Mehrheit abschaffen

Der LHG lehnt eine in den Landeshochschulgesetzen festgesetzte Hochschullehrer-Mehrheit in den unterschiedlichen Gremien der akademischen Selbstverwaltung ab. Eine solche Regelung führt dazu, dass die Statusgruppen der Studierenden, der wissenschaftlichen Mitarbeiter sowie der Mitarbeiter in Technik und Verwaltung (MTV) nur unzureichend in Entscheidungen eingebunden werden. Als Folge der Hochschullehrer-Mehrheit finden Interessen dieser Statusgruppen in Lehre, Studium und Verwaltung häufig zu wenig Gehör. Der LHG setzt sich daher für eine Anpassung der Landeshochschulgesetze dahingehend ein, dass die Hochschullehrer stets über höchstens die Hälfte der Stimmen in allen Gremien verfügen dürfen, sodass ein Stimmgleichgewicht der Hochschullehrer gegenüber den additiven Stimmen der Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitern und MTV besteht. Diese neue Regelung soll die Zusammenarbeit der Statusgruppen fordern und fördern, die unterschiedlichen Interessenlagen in einen faireren Ausgleich bringen und dafür sorgen, dass auch Ideen der Studierenden und Mitarbeiter ausreichend im Diskurs beachtet werden.

1.2 Mitspracherecht bei der Findung eines Präsidenten

Daneben fordert der LHG, dass die Statusgruppe der Studierenden auch bei der Findung bzw. Ernennung/Bestellung eines neuen Präsidenten einer Hochschule mit mindestens einem stimmberechtigten Vertreter berücksichtigt wird. Wir setzen uns für eine entsprechende Ergänzung in den Landeshochschulgesetzen ein.

2. Studentische Selbstverwaltung

Der LHG bekennt sich zu den verfassten Studierendenschaften und erkennt in der studentischen Selbstverwaltung einen geeigneten Weg darin, die Interessenvertretung der Studierenden zu realisieren sowie soziale, kulturelle und politisch bildende Aufgaben wahrzunehmen. Bei allen Vorteilen, die die studentische Selbstverwaltung mit sich bringt, sieht der LHG allerdings auch Modifizierungsbedarf.

2.1 Freiwillige Mitgliedschaft in der Studierendenschaft

Bisher ist die Mitgliedschaft in der Studierendenschaft in den meisten Bundesländern ein Zwang. Der LHG spricht sich für die Möglichkeit einer freiwilligen Mitgliedschaft aus. Studierende sollen aus der Studierendenschaft austreten können, sollten sie einzelne Angebote und Partizipationsmöglichkeiten nicht in Anspruch nehmen wollen. Die Landeshochschulgesetze sind ggf. entsprechend zu ergänzen.

2.2 Hochschulpolitisches Mandat und politische Bildung

Auch junge Leute können schon zu vielen Themen eine sehr fundierte Meinung haben und fordern deshalb berechtigterweise mehr Mitspracherecht bei der demokratischen Entscheidungsfindung ein. Hochschulpolitik sollte sich allerdings auch auf hochschulpolitische Belange konzentrieren. Ihr Zweck ist es, die Rahmenbedingungen der Studierenden vor Ort zu verbessern und in diesem Sinne einen positiven Einfluss auf die Gestaltung von Studium und Lehre in den einzelnen Bundesländern zu nehmen und somit den Hochschulstandort Deutschland insgesamt und nachhaltig zu stärken. Hierzu sind auch landes- und bundesweite Kooperationen unter den verschiedenen politischen Studierendenverbänden, Hochschulinitiativen und Hochschulgruppen sinnvoll. Die Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats, also die Positionierung von Studierendenschaften zu anderweitigen, allgemeinpolitischen Aussagen, lehnen wir jedoch ab.