Dies ist das Positionspapier des vom 12.01.-14.01.2024 in Bonn tagenden Kongresses „Schranken der Forschung – Chancen und Risiken der Erforschung von kontroversen Innovationen in Deutschland“.
Schranken der Forschung
Der Kongress bemerkt im deutschen und europäischen Recht zahlreiche Hürden für die Erforschung von Zukunftstechnologien, die durch veraltete, überholte Regulierung entstehen. Diese Hürden beschränken Forschende an deutschen Hochschulen darin, wissenschaftliche Erkenntnisse zu sammeln und an Lösungen für prägende Probleme unserer Zeit zu arbeiten.
Deutsche Hochschulen haben durch diese überbordende Regulierung einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen internationalen Standorten, die im Allgemeinen weniger einschränkende und damit auch innovationsfreundlichere Rahmenbedingungen bieten. Dieser Wettbewerbsnachteil gefährdet deutsche Hochschulen langfristig als führenden Forschungsstandort und damit auch den internationalen Ruf deutscher Hochschulen insgesamt.
Die teilweise sinkende Bedeutung deutscher Hochschulen und Forschungsstätten im internationalen Raum basiert also auf hausgemachten Problemen. Im Land von Einstein, Robert Koch und Werner Heisenberg darf es nicht sein, dass der Erfindergeist an deutschen Hochschulen durch unreflektierte Regulierung beschränkt und gebremst wird. Der Kongress spricht sich daher dafür aus, bestehende Regulierungen in zukunftsweisenden, gleichzeitig aber kontroversen Bereichen der Forschung auf den Prüfstand zu stellen und unideologisch neu zu bewerten.
Gentechnikforschung
Gentechnikforschung ist einer der zukunftsweisendsten Forschungsbereiche im 21. Jahrhundert. Die aktuellen EU-Regulierungen zur Gentechnik und die deutschen Regulierungen zu neuen Züchtungsmethoden sind jedoch überholt und hemmen Forschung sowie Innovationen zur Gentechnik an deutschen Hochschulen. Den Trend einiger EU-Staaten, ihre nationalen Regularien stattdessen weiter zu verschärfen, beobachtet der Kongress besorgt. Die Gesetzgebung der EU zu genetisch veränderten Organismen (GVO) muss an den aktuellen Forschungsstand angepasst werden. Hierbei müssen vor allem folgende Aspekte berücksichtigt werden:
1. Der Unterschied zwischen klassischer Gentechnik (Kombination von Genomen mit fremdem Genmaterial) und der „Gen-Schere CRISPR/Cas“ (gezielte Editierung eines Genoms ohne fremdes Genmaterial) soll in der Gesetzgebung berücksichtigt werden. Organismen, bei denen die Editierung des Genoms ohne Einführung fremden Genmaterials durchgeführt wurde, sollen nicht mehr als GVO, sondern vergleichbar gezüchteten Pfanzen behandelt werden, da sich der Einsatz der „Gen-Schere“ in Wirkungsweise und Risiken kaum von normaler Züchtung unterscheidet.
2. Das Gesetz zu genetisch veränderten Organismen soll dahingehend liberalisiert werden, dass sich die Sicherheitsbewertung der GVO im Rahmen dieses Gesetzes ausschließlich auf die Eigenschaften des Produktes und nicht auf die Technologie, mit der dieses hergestellt wurde, beziehen soll. Dadurch sollen übermäßige bürokratische Hürden, die Fortschritte in genetischer TechnologieForschung hemmen, verhindert werden.
Neben Regulierungen auf europäischer Ebene hemmen auch Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland die Forschung und die Innovationsfähigkeit im Bereich der Gentechnik. Die Entscheidung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, die steuerfnanzierte Fachstelle Gentechnik und Umwelt ohne transparentes, wissenschaftsbasiertes Ausschreibungsverfahren mit Anti-Gentechnik-Lobbyorganisationen zu besetzen, ist zu bemängeln. Statt ideologisierter Besetzung von wissenschaftlichen Fachstellen braucht es klare Ausschreibungsverfahren, um forschungs- und innovationsfreundliche Bedingungen in Deutschland – von der Hochschule bis ins Genlabor – zu schaffen.
Erforschung von Kernenergie
Ganz Europa investiert in zukunftssichere Energien und geht zusammen den Weg einer unabhängigen Energieversorgung. Sichtbar wird dabei, dass Energiepolitik nicht nur isoliert in den Mitgliedsstaaten betrachtet werden sollte, sondern in der Europäischen Union einen höheren Stellenwert einnehmen sollten. Der Kongress fordert daher eine Ausweitung der Forschungskooperation im Bereich der Kernenergie. Neue Generationen der Kernenergie bieten neben der Klimaneutralität auch Versorgungssicherheit und einen geringeren Strompreis. Die Abhängigkeit von Drittstaaten kann gesenkt werden, was die EU zu einer handlungsstarken Union machen kann. Bei der Beschaffung von Material soll auf westliche Wertepartner (wie bspw. NATO-Staaten) gesetzt und ausgeschlossen werden, dass die Abhängigkeit von autoritären Regimen erhöht wird. Nukleare Forschungs- und Energiekooperationen der Europäischen Union sollen nicht an dem deutschen Sonderweg des Atomausstiegs scheitern, sondern als Zukunftsoption gesehen werden können. Im Sinne des europäischen Zusammenwachsens ist auch eine Dual-Use Forschung nicht abzulehnen, sondern auf Technologie-Offenheit zu setzen. Gleichzeitig soll das Know-How im Bereich der Kernenergie in Deutschland erhalten bleiben, um die Chancen, die kommende Generationen der Kernenergie bieten, nicht zu verspielen. Deutschland soll deswegen den weiteren Betrieb von Forschungsreaktoren ermöglichen und sich als Standort für europäische Forschungsprojekte bewerben. Um den Wissenstand der Bevölkerung hinsichtlich der Nuklearenergie zu verbessern, soll den entsprechenden Lehrstühlen eine Förderung für die Wissenschaftskommunikation zur Verfügung gestellt werden. Die Ergebnisse der Kernenergieforschung sollen im Vordergrund stehen, damit die Emotionalität der öffentlichen Debatte abnimmt und datenbasierte Entscheidungen getroffen werden können. Für jedes Forschungsprojekt soll die Information der Bürger über die Chancen und Gefahren der einzelnen Projekte auf wissenschaftlicher Basis mitgedacht werden.
Forschungsschranken aufbrechen
Der Kongress resümiert, dass es viel Aufholbedarf gibt, um die deutsche Forschungs- und Hochschullandschaft von den zahlreichen Schranken zu befreien, die durch zu viele und zu veraltete Regulierungen, ein häufig ideologiegetriebenes politisches Klima und durch emotionalisierte Debatten besonders in der Gentechnik- und Kernforschung geschaffen wurden. Gleichzeitig sieht der Kongress viele Chancen, diesen Schranken durch moderne Gesetzgebung in Deutschland und Europa, durch Entpolitisierung und Versachlichung der Debatten und durch Kooperation mit Hochschulen und Instituten unserer inner- und außereuropäischen Wertepartner aufzubrechen. Dies wird eine entscheidende Aufgabe von Politik und von den Hochschulen und Instituten selbst sein, um den Forschungsstandort Deutschland zu erhalten und zu fördern und die deutschen Hochschulen international als Orte der Innovation wettbewerbsfähig zu halten. Der Kongress fordert alle beteiligten Akteure daher auf, diese Ziele mit größter Energie und reformorientiertem Ehrgeiz anzugehen.