„Das andere Geschlecht“ (1949): So benannte Simone de Beauvoir ihre philosophische Auseinandersetzung mit dem männlichen Mythos vom schwachen, beschränkten und sonst dekorativen weiblichen Geschlecht. Darin zeichnet sie ein erschreckendes Bild der damaligen Konzeption von Frauen. Doch wie hat sich das Frauenbild seitdem gewandelt? 

Die Welt hat sich weitergedreht und zumindest in der Theorie hat sich vieles verändert: Frauen können ohne Probleme studieren, ihr Leben frei und selbstbestimmt gestalten und ihnen stehen beinahe alle Türen offen. Das zeigt sich nicht zuletzt im signifikanten Anstieg der Anzahl der Studentinnen seit den 1950er-Jahren. 

Doch im Jahre 2020 waren gerade einmal ein Drittel der lehrenden Professoren weiblich, obwohl Studentinnen inzwischen rund die Hälfte der Studierendenschaft an unseren Hochschulen ausmachen.  
Hier sehen wir als Liberale Hochschulgruppe noch großen Verbesserungsbedarf!

Wir sind der Meinung, dass Universitäten ihre Arbeitsstrukturen und -bedingungen bestmöglich anpassen müssen.

Insbesondere denken wir hierbei an den Ausbau von Teilzeitprofessuren, die Beruf und Familie besser vereinbar machen, sowie eine Verstärkung der Kinderbetreuung an Universitäten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch vom Ausbau des Tenure-Track-Systems, einem Verfahren zur Erreichung einer lebenslangen Professur, erwarten wir uns positive Effekte.
Auch heute noch übernehmen Frauen einen Großteil der Care-Arbeit und können sich deswegen schlecht für einen Job entscheiden, der ihnen keine finanzielle Sicherheit garantiert oder einem Kinderwunsch im Wege steht: Finanzielle Sicherheit und Planungssicherheit für akademische Berufe können hier zum Game-Changer werden.

Dass es auch 2022 noch nicht problemlos möglich, ist Studium und Elternsein zu vereinbaren, ist ein Missstand, der rasch behoben werden muss.  

In einem modernen Hochschulsystem darf die Frage nicht länger “Kind oder Karriere” lauten, sondern es muss endlich “Kind und Karriere” möglich sein. Wir fordern deswegen eine bessere Vereinbarkeit zwischen Familie und Studium, beispielsweise durch den Wegfall von Anwesenheitspflichten im Studium, sodass Eltern sich um ihre Kinder kümmern können, anstatt durchzufallen, nur weil sie in ihrer zeitlichen Verfügbarkeit eingeschränkt sind.  

Digitale Formate und hybride Lehre können und müssen hierbei unterstützend wirken. 

Frauen sind aber nicht nur in der akademischen Lehre und Forschung unterrepräsentiert, sondern auch in der Politik.  

Daher wollen wir diesen Tag nutzen, um allen Studentinnen zu danken, die innerhalb unseres Verbands Verantwortung übernehmen und sich für liberalere Hochschulen engagieren.  
In vielen unserer Ortsgruppen und Landesverbänden setzen sich starke und kluge junge Frauen für die liberale Sache ein. Sie sind nicht nur Inspiration für andere junge Frauen, sondern darüber hinaus auch Vorbild für alle Mitglieder unseres Verbandes sowie die Menschen in ihrem Umfeld.  

Wir sind der Überzeugung: Es sind nicht die Frauen, die sich ändern müssen, sondern die Spielregeln in der Politik, an unseren Hochschulen und in der Wissenschaft. Als Liberale Hochschulgruppen setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass Frauen in der akademischen Welt die Gleichberechtigung erfahren, die ihnen zusteht. 

For SHE will be heard. 

Foto: Darchinger, Nutzungsrecht: Archiv des Liberalismus, FD-0058, FD-0214, FD-0405