Wettbewerbsinitiative Hochschullehre

Um die in der Lehre noch vorhandenen Reserven zu wecken, fordert der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) eine Wettbewerbsinitiative für die Hochschulen. Zur Durchführung sind die dringend für einen Abbau der Überlast nötigen Mittel einzusetzen, wie sie inzwischen von KMK und HRK gefordert werden. Kernpunkte dieses Programmes sollen Information, Autonomie und Anreizmechanismen sein. Ansatzpunkte des Wettbewerbsmechanismus sollen neben den Hochschulen direkt die Institute und Dozenten sein.

Gestuftes Informationssystem

Information ist für einen Wettbewerb eine entscheidende Voraussetzung. Um dem Studierenden die Entscheidung der Studienortwahl zu erleichtern, ist ein dreistufiges Informationssystem Hochschulwahl zu installieren:

In einer frühen Phase wird ein zukünftiger Studierender eine Vorauswahl der Hochschulen treffen wollen. Dazu kann im allgemeinen ein Handbuch des Arbeitsamtes über alle Berufe auch eine kurze Darstellung der Hochschulen mit Generalinformationen wie Größe des Lehrangebotes, Gestaltung des Campus, Überlastsituation, Ausstattung etc. enthalten.

In einer zweiten Phase kann der zukünftige Studierende sich dann zu einem Fachbereich schon jetzt durch die Broschur des Arbeitsamtes informieren. Diese Broschur muss um eine Kurzdarstellung der Besonderheiten eines Fachbereiches an einer speziellen Hochschule ergänzt werden. Dazu sollen insbesondere der Umfang des Vorlesungsangebotes, die Eingangsbedingungen, die Einrichtungen der Fakultät und die Betreuungsrelation gehören. Zusätzlich ist eine Seite zur Selbstdarstellung der Fakultät vorzusehen.

In einer dritten Stufe sollen Messen eines bestimmten Fachgebietes bundesweit durchgeführt werden. Solche Messen sind für die Studierenden als Informationsquellen besser geeignet als gelegentliche Tage der offenen Tür, bei denen man sich meist nur die Hochschulen in der Nähe anschauen kann. Sie unterstützen die Studienortentscheidung und Studienortswechsel.

Neben dieses Informationssystem Hochschulwahl müssen hochschulinterne Informationssysteme treten. In diesen werden durch Vorlesungsbefragungen, Selbst- und Kollegenevaluation der Professoren deren Lehrleistungen dokumentiert. Ein weiteres Informationssystem soll die Studienorganisation und die Kritik an dieser dokumentieren und ein drittes internes Informationssystem ist zuständig für die Bewertung der Ausstattung der Hochschule sowie deren Verbesserung.

Autonomie und Regelung

Ohne die Entscheidungskompetenz der Marktteilnehmer kann eine stärker wettbewerbsorientiertes Hochschulsystem natürlich nicht funktionieren. Die Hochschulen müssen ein eigenes Profil entwickeln können, um im Wettbewerb zu bestehen. Dazu müssen sie in der Lage sein,

  • über ihre Haushaltsmittel in weiten Grenzen frei zu verfügen
  • die zu ihrem Profil passenden Studierenden auszuwählen
  • innovative Studienangebote und ‑pläne unbürokratisch zu realisieren.

Zur Realisierung dieser Maßnahmen ist ein Rückzug der Bundesländer aus der bürokratischen Regelung des Hochschulwesens erforderlich. Die Finanzierung der Hochschulen muss langfristig im Drittelmix von zweckgebundenen, strukturgebundenen und freien Haushaltsmitteln erfolgen. Die Einstellung von Hochschullehrern und die Genehmigungspraxis von Studienplänen obliegen weiterhin den Ländern, genauso wie die Anstrengungen zur Förderung der Lehre. Hier können die Bundesländer durch strukturbezogene Mittel (z.B. für die Herstellung von Skripten, für die Neueinrichtung von Tutorien etc.) Einfluss üben. Weiteren Lenkungsspielraum können die Länder über die Ausgestaltung der Anreizmechanismen nehmen.

Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, Studiengänge nach vier, sechs und acht Semestern mit vollwertigen Abschlüssen anzubieten.

Anreizmechanismen

Um den Wettbewerb um Studierende anzuregen, fordert der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) die Einführung eines Bildungsgutscheinsystems. Abhängig von dem Aufkommen an Gutscheinen werden einer Hochschule Finanzmittel zugewiesen. Diese Finanzmittel sollten sinnvollerweise nicht zweckgebunden sein.

Die Höhe des Zuweisungsbetrages muss von Studienfach und Semester des Studierenden abhängen: So werden einerseits aufwendige Fächer nicht benachteiligt, andererseits besteht ein starker Anreiz zur Studienzeitverkürzung.

Eine Stiftung, von Bund, Ländern und Wirtschaft finanziell getragen, soll unter Einbeziehung der Studierenden besonders gelungene Konzepte und Einzelleistung in der Lehre fördern. Diese Stiftung soll von ihrer Ausstattung und Arbeitsweise den Stiftungen für die Forschung entsprechen.

Den Fachhochschulen ist die durch einen verstärkten Ausbau die Möglichkeit zu geben, sich zu engagieren. Das Symptom der Überfüllung der Fachhochschulen lässt die Vorteile der FH’s derzeit nicht voll zur Geltung kommen.

Die Lehre muss für das Prestige des einzelnen Hochschullehrers eine größere Rolle spielen. Dazu sind die Leistungen in der Lehre beim Gehalt und bei den Berufungen zu berücksichtigen; als Bewertungskriterium sollte dabei das hochschulinterne Informationssystem dienen. Weiterhin sind besondere Lehrleistungen durch die Ausschreibung von Preisen besonders zu würdigen. Die venia legendi soll in Zukunft den Nachweis einer entsprechenden pädagogischen und didaktischen Ausbildung voraussetzen.

Wege in den Wettbewerb

Die bundesdeutsche Hochschulen bilden ein sehr komplexes System. Es ist daher ratsam, vorsichtig vorzugehen. Der Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG) schlägt daher vor, die Wettbewerbsinitiative auf breiter Front bald zu beginnen, aber die einzelnen Maßnahme vorsichtig einzuführen. Nach jeder Phase ist ein gründlich Bewertung und Reflexion nötig. Im Einzelnen bedeutet dies:

Kurzfristig

  • bevorzugte Mittelzuweisungen an Hochschultypen, für die besondere Nachfrage besteht
  • konsequenter Ausbau und Besserstellung der FH’s
  • Einführung bzw. Erweiterung der Globalhaushalte
  • Informationskampagne über das geplante Programm
  • Erhöhung der Transparenz des Hochschulsystems durch Vorlesungsbefragungen
  • Einberufung einer Kommission, die sich mit der Einrichtung einer Stiftung zur Förde rung der Lehre beschäftigt.
  • Vorantreiben der Entwicklung in den neuen Bundesländern, Unterstützung von innovativen Projekten.
  • stärkere Einbeziehung der Lehre bei der Bewertung und Berufung von Professoren
  • Pilotprojekte für die neuen Informationssysteme

Mittelfristig

  • Beginn des Bildungsgutscheinsystems mit steigenden Beträgen
  • Teilweise Durchführung von Studiengängen an Fachhochschulen, die in diesem Niveau oder in dieser Fachrichtung bisher noch nicht üblich gewesen sind
  • Beginn der Informationssysteme auf breiter Basis
  • Vergabe strukturorientierter Mittel und Erhöhung der Globalhaushalte
  • Aufnahme der Tätigkeit der Stiftung zur Förderung der Lehre
  • Festigung der Grundlage der Hochschulen in den neuen Bundesländern
  • Bindung der venia legendi an eine pädagogische und didaktische Ausbildung des Hochschullehrers
  • Studierende sollen bei der Berufung der Professoren ein wichtiges Wort mitreden können; dazu ist ihnen Stimmrecht in den Berufungskommissionen zu gewähren

Langfristig

  • Mittelzuweisungen an die Hochschulen erfolgen im Drittelmix ungebunden, strukturorientiert und zweckgebunden. Die Höhe der Mittelvergabe wird zu einem nicht unbeachtlichen Teil durch das Bildungsgutscheinsystem und die Stiftung zur Förderung der Lehre beeinflusst
  • Institutionalisierung der Informationssysteme
  • Abbau der starren beamtenrechtlichen Vorschriften beim Beruf des Hochschullehrers
  • Konsolidierung des Verhältnisses von Fachhochschulen und Universitäten
  • die Stiftung zur Förderung der Lehre wird zu einem festen Bestandteil des bundesdeutschen Hochschulsystems und wird um weitere, ähnliche Stiftungen ergänzt.