Kritisches Hinterfragen und eigene Meinungsbildung – Fähigkeiten, die von jedem Studenten erwartet werden. Doch im Bereich der Religionslehre wird das zuweilen sogar den Professoren untersagt. Es passiert immer wieder, dass Professoren ihr Lehrauftrag entzogen wird, weil sie anders denken oder Anderes schreiben. Das in einer Zeit, in der Art. 5 Abs. 3 GG die Freiheit der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre garantiert. Die Religionsgemeinschaften berufen sich dazu auf ein aus Art. 7 Abs. 3 GG herleitbares Mitbestimmungsrecht zur Berufung von Hochschullehrern und zur Einsetzung von Religionslehrern an Schulen.

Der Bundesverband liberaler Hochschulgruppen ist der Auffassung, dass der persönliche Glaube, auch wenn er von religiösen Dogmen abweicht, keine Rückschlüsse auf die Qualität der Lehre zulässt. Auch Hochschullehrern muss es in unserer Gesellschaft gestattet sein sich eigene, und gegebenenfalls mit den Ansichten der jeweiligen Religionsgemeinschaft nicht konforme, Meinungen zu bilden. Hier sehen wir keinen Widerspruch zu einer ordnungsgemäßen Lehrtätigkeit, auch in einem solch sensiblen Bereich wie der Religion. Mehr noch,  wir betrachten den kritischen Umgang mit herrschenden Meinungen als wissenschaftsimmanent. Gerade von der Norm abweichende Thesen sind zur Forschung auf einem Gebiet unerlässlich. In der Folge ist es aber auch den Studenten nur durch eine differenzierte Lehre möglich den wissenschaftlichen Diskurs in seiner ganzen Bandbreite kennenzulernen und durch kritische Reflexion eigene Standpunkte zu bilden. Wir trauen den Studenten ebenfalls im Bereich der Religion zu von dargestellten Mindermeinungen zu abstrahieren. Diesem Verständnis von selbst denkenden Individuen weiter folgend mögen die ausgebildeten Pädagogen auch ihren Schülern eine freie Meinungsbildung durch Beleuchtung verschiedener Herangehensweisen ermöglichen. Für die liberalen Hochschulgruppen ist auch im Bereich der Religion hier keine Ausnahme zu erlauben. Wir sehen es hingegen als der – ebenfalls grundgesetzlich garantierten – Glaubensfreiheit geschuldet an, diese nicht auf eine reine Religionswahl zu beschränken. Die Freiheit im Glauben darf nicht an der Konfessionsgrenze enden. Diese Freiheit muss jedem Hochschullehrer gestattet und jedem Studenten und Schüler ermöglicht werden.

Der Bundesverband der liberalen Hochschulgruppen befürwortet die akademische Ausbildung von Religionspädagogen uneingeschränkt. Nur so kann nach unserer Auffassung ein hochwertiger Religionsunterricht an Schulen gewährleistet werden. Ferner bietet Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht Gewähr dafür, dass Schüler Wissen erlangen ohne dass ihnen Inhalte vermittelt werden, die nicht mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbar sind.

Wir müssen jedoch noch einen Schritt weiter auf eine säkulare Gesellschaft zugehen. Deshalb fordert der Bundesverband liberaler Hochschulgruppen den jeweiligen Religionsgemeinschaften bei der Einstellung von Hochschullehrern künftig keine Mitwirkungsmöglichkeiten zu gewähren und keine Mitwirkung anderer Religionsgemeinschaften, wie etwa islamischer Verbände, zuzulassen. Demnach müssen in den – mannigfaltigen – gesetzlichen Regelungen der Länder entsprechende Änderungen vorgenommen werden.

In logischer Konsequenz daraus ergibt sich für uns, dass den Religionsgemeinschaften auch das Mitspracherecht bei der Einsetzung von Religionslehrern versagt werden muss. Andernfalls würden weniger linientreue Studenten das Risiko eingehen nach Abschluss nicht eingestellt zu werden.

Rechtliche Bedenken bestehen aus Sicht der liberalen Hochschulgruppen nicht. In Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG ist von einer Übereinstimmung nicht mit den Religionsgemeinschaften selbst, sondern nur mit deren Grundsätzen die Rede. Wie die Entscheidungskompetenz für den Inhalt der Grundsätze konkret ausgestaltet sein soll, bleibt dem Wortlaut nach offen.