Wie viele Bereiche unseres Lebens sind auch Hochschulen darauf ausgelegt, dass wir einander hören können. Professoren, die anstelle einer Präsentation oder einem erklärenden Text ausschließlich darauf setzen, dass man ihre Aussagen mitschreibt sind allerdings ein Albtraum vor allem für gehörlose Studierende. Den Inhalt dieser Vorlesungen erfassen zu können ist dabei nur eins der zahlreichen Probleme. Neben den normalen Umstellungen, die ein Studierender mit Beginn seines Studiums bewältigen muss, sehen sich Gehörlose mit einem hohen bürokratischen Aufwand konfrontiert. Hinzu kommen uninformierte Dozenten, Hochschulmitarbeiter und Kommilitonen, was zu sozialer Exklusion führen kann.
Die Liberalen Hochschulgruppen möchten unangemessene bürokratische Hürden abbauen und für mehr Verständnis an Hochschulen sorgen. Anstelle der momentan benötigten Beantragung des Nachteilsausgleiches in jedem Semester, fordern die Liberalen Hochschulgruppen, dass die Beantragung des Nachteilsausgleiches nur im ersten Semester notwendig ist. Ein erneuter Antrag muss erst gestellt werden, wenn das Studienfach oder die Hochschule gewechselt wird, oder der Studierende zu einem anderen Abschluss übergeht. Maßnahmen des Nachteilsausgleich müssen sich auch auf Praktika, Exkursionen und im Studium verpflichtende Auslandsaufenthalte erstrecken können. Generell ist es geboten Inklusionsfragen jeglicher Art bereits bei der Erstellung von Modulhandbüchern zu berücksichtigen. Um einen angenehmen Start ins Studium zu ermöglichen, möchten die Liberalen Hochschulgruppen den Genehmigungsprozess
beschleunigen.
Für die Beantragung eines Gebärdensprachedolmetschers müssen Studierende ihre Finanzen genauso darlegen, wie es bei der Beantragung des BAföGs der Fall ist. Die Liberalen Hochschulgruppen halten das für unangemessen und fordern, dass alle Studierende die einen Gebärdensprachedolmetscher beantragen und nachweislich für ihr Studium benötigen, diesen unabhängig von ihrem Einkommen, das der Eltern oder des Partners finanziert bekommen. Im Optimalfall soll dieser unbürokratisch durch die Hochschule gestellt werden.
Um den Beruf des Gebärdensprachedolmetschers attraktiver zu machen und mehr Menschen dazu anzuregen sich für diesen Beruf zu entscheiden fordern die Liberalen Hochschulgruppen zum einen den Ausbau der Studienplätze in diesem Fach und zum anderen den Wegfall der Preisbindung für Gebärdensprachedolmetscher. So soll das Angebot an Gebärdensprachendolmetschen erhöht werden, was der Qualitätssicherung dient.
Die studentische Selbstverwaltung ist ein elementarer Bestandteil der Hochschulorganisation und darf keinem Studierenden verwehrt bleiben. Die Liberalen Hochschulgruppen fordern die Ausweitung der Dolmetschertätigkeit an Hochschulen auf die Bereiche der studentischen Selbstverwaltung. Eine Person, die für ihre Lehrveranstaltung einen Dolmetscher genehmigt bekommt, soll die Möglichkeit haben, diese Leistung auch auf Gremienarbeit auszuweiten.
Gehörlose Studierende stoßen in ihrem Hochschulalltag auf Unverständnis und nicht notwendige Barrieren, die durch die Sensibilisierung der Mitarbeiter, insbesondere der Dozenten, behoben werden können. Hochschulen sollen deswegen Informationsmaterial und Leitlinien für den Umgang mit gehörlosen Studierenden zur Verfügung gestellt bekommen. Diese sollen die Bedürfnisse der Studierenden beinhalten und Vorschläge machen wie eine Lehrveranstaltung angepasst werden kann, um sicher zu stellen, dass gehörlose Studierende diesen problemlos folgen können. Des Weiteren fordern die Liberalen Hochschulgruppen mehr Aufklärung für besonders relevante Studienfächer. Menschen, die einen Studiengang im sozialen oder medizinischen Bereich verfolgen sollen im Rahmen eines Wahlpflichtbereichs die Möglichkeit bekommen sich mit der Situation gehörloser Menschen zu beschäftigen und die für ihr Fach relevanten Gebärden zu erlernen.
Äquivalent zur Gallaudet University in den USA soll für den deutschsprachigen Raum eine öffentliche Hochschule für Gehörlose eingerichtet werden. Unterrichtet werden sollen zu Beginn vor allem Fächer im sozialen Bereich. Ziel ist die Ausweitung dieser Hochschule auf eine Volluniversität. Jegliche Mitarbeiter, mit denen die Studierenden einen regelmäßigen Kontakt pflegen müssen, sollen der deutschen Gebärdensprache mächtig sein. Das gilt insbesondere für unterrichtendes Personal.