Der LHG stellt fest, dass die deutsche Juristenausbildung in ihrer jetzigen Form aktuelle Herausforderungen negiert, statt sie zu meistern.
Die derzeitige Abkopplung der deutschen Juristenausbildung von der europäischen Entwicklung ist für den Hochschulstandort Deutschland untragbar. Auch im Bereich der Juristenausbildung ist deshalb eine flächendeckende und verbindliche Umsetzung des Bologna-Prozesses aus Sicht des LHG dringend geboten.
Die Juristenausbildung genügt darüber hinaus in ihrer jetzigen Form den Ansprüchen der Studierenden, sowie potentieller Arbeitgeber, auf eine zwar wissenschaftsbezogene aber auch praxisnahe Ausbildung, die die Möglichkeiten zum Erwerb der grundlegenden berufsrelevanten Qualifikationen bietet, nicht. Sie verschiebt außerdem die ernsthafte Überprüfung der Leistungen viel zu oft erst auf die Staatsexamensprüfungen und erschwert den Studierenden so die Planbarkeit ihres Werdegangs.
Der LHG fordert, von dem – immer noch vorherrschenden – Bild des universell einsetzbaren Einheitsjuristen endlich abzurücken. Wie die Berufsfelder für Juristen mannigfaltig sind, muss auch eine breite Varietät an Ausbildungsmöglichkeiten zu juristischen Berufen gangbar gemacht werden.
Dem LHG ist bewusst, dass der Staat Garant für eine hochwertige Rechtspflege in unserem Land sein muss und als solcher für die Ausbildung qualifizierter Nachwuchsjuristen in Verantwortung steht. Der LHG zweifelt nicht an der Objektivität und der Qualität der zentral gestellten, leistungs- und wettbewerbsorientierten staatlichen Prüfung. Dennoch ist aus Sicht des LHG eine solche Prüfung nur für den Kreis der Studierenden notwendig, der in die staatlich reglementierten Berufe – Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt oder Notare – drängt. Eine generelle und unausweichliche Ausrichtung der deutschen Juristenausbildung auf die Befähigung zum Richteramt ist – unter Berücksichtigung der reellen Gegebenheiten – als nicht sinnvoll zu betrachten.
Der LHG fordert daher eine Umsetzung des Bologna-Prozesses im Bereich der Juristenausbildung wie folgt:
Ein rechtswissenschaftlicher Bachelor soll die Basis der modernen Juristenausbildung darstellen. Im Rahmen dieses Bachelorstudiengangs sollen alle erforderlichen Qualifikationen der Juraabsolventen in den juristischen Kernfächern vermittelt werden. Ein darüber hinausgehendes Angebot zur Vermittlung von juristischem Spezialwissen im Rahmen des Bachelors kann von den Universitäten mit ihren individuellen Schwerpunktsetzungen kreiert werden. Ebenso ist die zeitliche Ausgestaltung des Jura-Bachelors der freien Entscheidung der Universitäten zu überlassen.
Der rechtswissenschaftliche Bachelor ist sodann berufsqualifizierender Abschluss für viele juristische Aufgabenfelder, etwa in Unternehmen oder Versicherungen. Der Bachelor-Titel bietet neben der Berufsqualifizierung auch die Grundlage für eine Weiterqualifizierung der Studierenden.
Auf den Bachelor-Studiengang aufbauend steht es den Absolventen frei, ihr Wissen im Rahmen eines Master-Studiengangs zu vertiefen. Ein juristischer Masterstudiengang kann etwa der Vertiefung der juristischen Kernkompetenzen, der Aneignung von Spezialwissen, der Vorbereitung auf ein bestimmtes Berufsfeld oder aber der Verknüpfung mit anderen Disziplinen dienen. Der
Masterstudiengang soll für die so weiterqualifizierten Absolventen ein weiterer Weg auf den Arbeitsmarkt sein.
Zum Erwerb des Bachelor- sowie des Master-Titels sind keine staatliche Prüfung erforderlich. Einzig für die staatlich reglementierten Berufe soll – nach wie vor – eine praktische Ausbildung unter staatlicher Kontrolle erforderlich sein. Zugangsvoraussetzung zum Referendariat bildet dann das bisherige Staatsexamen. Es darf keine Abschlussprüfung für das Studium mehr darstellen, sondern ist ausschließlich Eingangsprüfung für die weitere Berufsqualifizierung für einen staatlich reglementierten Beruf. Voraussetzung für die Zulassung zum Staatsexamen ist allein der Nachweis des Erwerbs des Wissens und der Kompetenzen in den juristischen Kernfächern. Ein solcher Nachweis liegt bereits im
Erwerb eines Jura-Bachelors.
Selbstverständlich und wünschenswert ist es, dass Universitäten über den reinen Jura-Bachelor hinaus Bachelor-Studiengänge anbieten, die nicht ausschließlich rechtswissenschaftliche Inhalte
vermitteln, aber dennoch einen juristischen Bezug aufweisen. Sollten im Rahmen eines solchen Bachelors – etwa im Zusammenspiel mit einem Masterstudiengang – das gesamte im Rahmen des Jura-Bachelors erforderliche juristische Grundwissen vermittelt werden, soll ein solcher Kompetenznachweis selbstverständlich auch die Zulassungskriterien zum Staatsexamen erfüllen.
Der LHG sieht in diesem Modell die beste Möglichkeit zur überfälligen Modernisierung und
Europäisierung der Juristenausbildung bei größtmöglicher Flexibilität für Studierende und Universitäten, bei größtmöglicher Ausrichtung auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes und unter Wahrung der staatlichen Interesses an einer qualitativ hochwertigen Rechtspflege. Der LHG fordert die Umstellung der Juristenausbildung auf das Bachelor-/ Master-System nach dem dargestellten Modell umgehend in die Wege zu leiten.