Nachdem die Studierenden mehrere Semester alleine vor ihren Bildschirmen saßen und weder die Hochschulen noch Bibliotheken betreten konnten steht fest, dass diese Situation nicht den langfristigen Umgang von Hochschulen mit Corona darstellen kann. Viele Studierende haben ihren Nebenjob verloren, finden sich in der digitalen Lehre nicht zurecht und vereinsamen weil das gesamte Leben in den digitalen Raum verlegt wurde. Die Liberalen Hochschulgruppen fordern eine Strategie zum langfristigen Umgang mit Corona und einem Plan wie Hochschulen nach der Pandemie aussehen sollen. Insbesondere Fragen der psychischen Gesundheit und der Zukunft der digitalen Lehre müssen stärker in den Fokus rücken.

Finanzielle Unterstützung für Studierende zugänglicher machen

Bei vielen Studierenden ist seit März 2020 der Nebenerwerb aufgrund von Corona weggefallen. Die Hilfen für Studierende waren bürokratisch und unzureichend. Studierende deren Eltern ihre Beschäftigung verloren haben konnten auch hier nicht auf Unterstützung setzen. Neben einem an die heutige Zeit angepassten elternunabhängigen BAföG fordern die Liberalen Hochschulgruppen auch die Anhebung der Zuverdienstgrenzen sowie die Abschaffung der Schwelle der Wochenarbeitsstunden. Im weiteren Verlauf der Corona Pandemie soll ein neu aufgelegtes Programm für die finanzielle Unterstützung der Studierenden, welche ihren Nebenjob aufgrund von Corona verloren haben aufgelegt werden. Dieses soll unbürokratischer sein und jedem Studierenden offen stehen der Betroffen ist, nicht nur einer begrenzten Zahl aufgrund einer unzureichenden Ausfinanzierung.

Die Regelstudienzeit muss flexibler werden. Sowohl in der Pandemie als auch in Härtefällen muss die Regelstudienzeit anpassbar sein. Die Förderdauer des BAföG soll auf zwei Semester nach der angepassten Regelstudienzeit ausgeweitet und in Härtefällen auch darüber hinaus gewährt werden.

Ablegen von Prüfungen

Obwohl es überwiegend nicht möglich ist Hochschulen und Bibliotheken aufzusuchen, um sich der dort vorhandenen Lehrmittel zu bedienen, müssen Studierende weiterhin Prüfungen ablegen. Um auf die Situation der Studierenden einzugehen, muss eine individuelle Anpassung auf die Umstände der Studierenden und eine Anpassung auf den gelehrten Inhalt erfolgen. Diese Anpassung kann in einer Verlängerung der Bearbeitungszeit von Hausarbeiten, einer längeren Vorbereitung, auf Prüfungen oder einer Senkung der Voraussetzungen bestehen. Wir sehen in der Krise auch die Option sich auf neue Prüfungsmodelle einzulassen und die bisherigen Prüfungsarten an die Zeit anzupassen. Digitale Prüfungen finden grundsätzlich die Zustimmung der liberalen Hochschulgruppen, jedoch muss der einzelne Studierende die Möglichkeit haben auf einer Prüfung in Präsenz zu bestehen. Präsenzprüfungen sollen für die Studierenden möglichst sichergestaltet werden. Die Liberalen Hochschulgruppen fordern, dass diese nur stattfinden sollen, wenn die Abstandsregeln und die Maskenpflicht eingehalten werden können und die Lüftung der Räumlichkeiten sichergestellt werden kann. Das gilt nicht nur für die Prüfung, sondern auch für den Weg durch die Gebäude in den Prüfungsraum. Bei Prüfungen, die länger als 2 Stunden gehen, soll die Möglichkeit von Prüfungspausen eruiert werden.

Für jede Prüfung muss die Möglichkeit bestehen diese digital abzulegen. Studierende die eine Vorerkrankung haben oder sich im direkten Umfeld einer kranken, älteren oder schwangeren Person befinden dürfen in ihrem Studium nicht durch Präsenzprüfungen benachteiligt werden.

Grundsätzlich muss auch bei Online-Prüfungen jederzeit der Täuschungsschutz sichergestellt werden, unter angemessener Berücksichtigung des Datenschutzes und der Unverletzlichkeit der Wohnung beim Einsatz von technischen Maßnahmen zur Überwachung der Prüfung. Die Liberalen Hochschulgruppen lehnen es ab, eine abgelegte Prüfung für alle Prüflinge sichergestellt werden. Die Liberalen Hochschulgruppen lehnen es ab, eine abgelegte Prüfung für alle Prüflinge ungültig zu machen, sollte ein Verdacht auf einen Täuschungsversuch bestehen.

Psychische Gesundheit ernst nehmen – Perspektiven schaffen

Studierende sind durch die Schließung der Hochschulen, der Gastronomie und der Kontaktbeschränkungen einer besonders großen Belastung ausgesetzt. Während die Problematiken durch die Beschränkungen bei anderen Bevölkerungsgruppen in der Gesellschaft thematisiert werden, wird die Situation der Studierenden außen vorgelassen oder die Betroffenheit wird ihnen abgesprochen. Die Liberalen Hochschulgruppen fordern, dass die Situation der Studierenden und die daraus resultierenden Probleme adressiert und ernst genommen werden. Es müssen Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden die allen Studierenden einfach zugänglich sind. Darüber hinaus ist es von großer Bedeutung den Studierenden eine Öffnungsperspektive zu bieten und diese konsequent umzusetzen. Die Gewissheit das eine Rückkehr zu einem normalen Hochschulalltag baldmöglichst geplant ist würde eine große Entastung für Studierende darstellen. Es sollen Parameter festgelegt werden, ab denen es wieder möglich ist die Bibliotheken zu öffnen und Veranstaltungen in Kleingruppen durchzuführen. In einem zweiten Schritt sollen größere Veranstaltungen, vor allem für die Semester welche seit Beginn ihres Studiums von den Beschränkungen betroffen sind, zugelassen werden. Ein ausreichender Schutz soll mit einem Hygienekonzept sichergestellt werden. Auch für die Zulassung von Veranstaltungen anderer Semester und letztendlich für die Zulassung von Vorlesungen soll es festgelegte Parameter geben.

Aus dem Umgang mit digitalen Lehrmitteln lernen

Die digitale Lehre bietet Chancen, allerdings mussten Studierende durch die Pandemie auch die Nachteile erfahren. Digitale Lehrplattformen kamen an ihre Kapazitätsgrenze und waren zeitweise nicht mehr zugänglich. In Meetings fallen immer wieder technische Probleme auf, die vor allem an dem schlechten Internetausbau in Deutschland liegen. Die digitalen Möglichkeiten an Hochschulen müssen ausgeschöpft, die Plattformen verbessert und der Internetausbau vorangetrieben werden. Des Weiteren sind Dozierende nicht an die veränderten Bedingungen einer digitalen Veranstaltung vorbereitet gewesen, weshalb die Übermittlung des Lehrinhaltes erschwert wurde. Um in Zukunft weiter die Chancen der Digitalisierung nutzen zu können müssen Dozierende in den Möglichkeiten der Gestaltung einer online-Veranstaltung weitergebildet werden.

Für Studierende die über kein Endgerät verfügen soll eine Förderung des BMBF ins Leben gerufen werden mit der sie sich ein Endgerät von den Hochschulen ausleihen können. Die Dauer der Ausleihe bezieht sich auf ein Semester. Um Missbrauch vorzubeugen soll eine Kaution und eine niedrige monatliche Miete entrichtet werden.

In der Pandemie sehen die Liberalen Hochschulgruppen auch die Möglichkeit die Digitalisierung der Lehre weiter voranzutreiben und die Möglichkeiten auch nach dem Ende der Pandemiebeschränkungen nutzen zu können. Veranstaltungen sollen in einem hybriden Format abgehalten werden, sodass Studierende die Art der Teilnahme an ihre Lebenswirklichkeit anpassen können. Außerdem erhalten bleiben soll die Möglichkeit digitaler Prüfungen für Studierende mit einem ärztlich bescheinigten gesundheitlichen Grund.

Die Lehrmittel der Hochschulen sollen weiterhin digitalisiert werden, damit es in Zukunft keinen Nachteil mehr darstellt die Bibliothek nicht aufsuchen zu können. In einem zweiten Schritt sollen die digitalisierten Medien aller Hochschulen in einem übergreifenden Portal allen Studierenden der deutschen Hochschulen zugänglich gemacht werden. Auch eine Lösung auf europäischer Ebene ist denkbar.