Der Bundesverband der Liberalen Hochschulgruppen sieht mit großer Besorgnis eine zunehmend angespannte Lage im Bereich des studentischen Wohnens und fordert in Städten mit Hochschulstandort mehr Wohnheimplätze, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.

Aus folgender Analyse ergeben sich unsere Kernforderungen:

  • Die Studentenwerke müssen ihre Investitionen in studentischen Wohnraum erhöhen. Dafür müssen sie von den zuständigen Landesregierungen mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden.
  • Das Engagement privater Träger soll gefördert werden.
  • Die Weiternutzung leerstehender Kasernenflächen als studentischen Wohnraum erachten wir als geeignet.
  • Die Zweckbindung der Kompensationszahlungen, die bis 2019 vom Bund an die Länder gezahlt werden für den sozialen Wohnungsbau.

Zur Bearbeitung dieses Problems sieht der Bundesverband mehrere Ebenen und Akteure:

In den letzten Jahren hat sich nicht nur die Zahl der Menschen
erhöht, die eine Hochschulzugangsberechtigung (HZB) erhalten haben, sondern auch die Zahl der Studienanfänger. Derzeit hat Deutschland eine Studienanfängerquote von 55% – 2006 waren es lediglich 35,7%. Diese Lage wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Daher ist es absolut notwendig bereits jetzt alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um den zukünftigen Studierenden ausreichenden und gleichzeitig bezahlbaren studentischen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Akteure:

Studentenwerke:

Der Bau neuer Wohnheime, der Ausbau und die Sanierung bestehender Wohnheime muss für die Studentenwerke oberste Priorität haben.

Es ist zu beobachten, dass viele Bundesländer in den letzten Jahren ihre Zuweisungen an Studentenwerke gekürzt haben, z.B. Schleswig-Holstein und Sachsen. Diese Entwicklung kritisieren wir sehr.

Private Trägerschaft:

In den vergangenen Jahren ist zunehmend ein Einstieg privater Investoren und Interessengruppen auf dem studentischen Wohnungsmarkt zu beobachten. Hinsichtlich der Ausweitung des Angebots, Übernahme hauptsächlich staatlicher Aufgaben durch Private und mehr Wettbewerb muss geprüft werden, wie die Aktivität Privater auf dem studentischen Wohnungsmarkt angeregt werden kann.

Ebenen

Bund:

Der Bundesverband heißt es für gut, dass der Bund die Kompetenzen bezüglich sozialem Wohnungs- und Hochschulbau an die Länder abgetreten hat, da Länder und Kommunen über den größeren Erfahrungsschatz zur praktischen Anwendung verfügen. Im Sinne der Subsidiarität halten wir es für richtig, dass die Problemlösungskompetenz ausschließlich auf die Ebenen übertragen wird, die sich nicht nur am besten mit den Problemen auskennen, sondern die auch maßgeblich von ihnen betroffen sind. Dafür müssen diesen aber auch die entsprechenden finanziellen Spielräume gelassen bzw. zur Verfügung gestellt werden.

Auch den Einfluss der KfW Förderbank auf den Neubau und die Sanierung von studentischen Wohnbauten halten wir für sinnvoll. Trotz allem fordern wir, dass die Gelder, die bis 2019 noch vom Bund an die Länder gezahlt werden, endlich zweckgebunden in allen Bundesländern verwendet werden. Wir fordern darüber hinaus, dass 25 Prozent der Ausgleichszahlungen für den studentischen Wohnungsbau verwendet werden müssen.

Der Bundesverband begrüßt es, dass die Förderprogramme „Energieeffizient Bauen“ und „Energieeffizient Sanieren“ erfolgreich von den Studentenwerken genutzt werden können. Auch die Förderung des Baus von Studentenwohnheimen durch den „IKS-KfW Investitionskredit Soziale Organisation“ halten wir für sehr sinnvoll. Wir fordern, dass diese Programme weiterhin verfügbar für die Studentenwerke bis 2020 bleiben.

Kommunen:

Der Bundesverband betrachtet die Hochschulstädte als die eigentliche Entscheidungs- und Verantwortungsebene, da den Kommunen die Faktoren der ortsspezifischen Lage am besten bekannt ist. Von daher ist es Aufgabe der Kommunen, neue Flächen, wenn möglich in Universitätsnähe, zu erschließen und leerstehende Gebäude effektiv zu nutzen. Es ist wichtig, dass die Nutzung von Gebäuden, die ursprünglich nicht als Wohnraum gedacht waren, flexibel von statten geht. Der Bundesverband fordert somit, dass beispielsweise ehemalige Büro- und Industrieverwaltungsgebäude unbürokratisch und flexibel zu Wohnraum umgewidmet werden können, und gegebenenfalls auch wieder zurück. Die Nutzung soll ganz im Interesse des Eigentümers gestaltet werden, wenn dieser auf eigenes Risiko sich einen größeren Nutzen von seinen Räumlichkeiten als Wohnfläche anstelle von Bürofläche verspricht, soweit nicht gesundheitliche Risiken oder andere Gefährdungen potentieller Mieter dagegen sprechen.

Wir appellieren außerdem an die Städte und Gemeinderäte, dass diese private Wohnungsbauprojekte nicht durch erschwerende Auflagen behindern, sondern viel mehr innovative Wohnprogramme hinsichtlich der Nachhaltigkeit unterstützen und gegebenenfalls Sondergenehmigungen vergeben. Dies soll auch für die Kriterien für den Bau studentischer Wohnheime gelten. Bei diesen ist beispielsweise nicht im geringsten vom gleichen Bedarf von Stellplätzen, gegebenenfalls sogar unterirdischen, im Vergleich zu für die Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Neubauten auszugehen. Solche Auflagen treiben die Kosten für (studentischen) Wohnungsbau in die Höhe, machen sie gegebenenfalls sogar unrentabel, womit sie zum Leidwesen der Studenten verhindert werden können. Falls aufgrund von topographischen Begebenheiten in Universitätsnähe keine Flächen und Gebäude mehr für (studentischen) Wohnraum zu erschließen sind, soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass für den Übergang auch Privatbesitzer ihren nicht genutzten Wohnraum an wohnungssuchende Studierende untervermieten sollten. Auch etwas abseits gelegene Stadtgebiete müssen beworben werden, damit die Studierende auch dort nach passendem Wohnraum suchen wollen. Hierfür ist besonders die Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs in den Städten von größter Wichtigkeit.

Bestandsnutzung:

Der Bundesverband fordert den Bund und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die diese verwaltet und verwertet auf Konversionsflächen schneller zu entwickeln, damit diese effektiv von den Städten, an die sie zurückgehen, genutzt werden, oder zielgerichteter an Investoren verkauft werden können. Somit kann auf diesen Flächen neuer und günstiger, sowie für Studenten geeigneter Wohnraum entstehen. Als Beispiel bleibt hier das heutige „Französische Viertel“ in Tübingen zu nennen, welches aus dem Gelände der ehemaligen Hindenburg-Kaserne – nach Abzug der französischen Truppen hervorgegangen ist. Heute ist das „Französische Viertel“ Standort eines Studentenwohnheims.

Zukunftsperspektiven:

Ein interessanter Aspekt ist für uns der Bau von Mehrgenerationenhäusern. Studenten und Senioren sollen gemeinsam unter einem Dach leben. Der Vorteil: Mit eventuell zurückgehenden Studierendenzahlen können freiwerdende Kapazitäten nach und nach in Seniorenwohnungen umgewandelt werden. Das Modell der Mehrgenerationenhäuser ermöglicht eine langfristige, demographiefeste Nutzung der entstandenen Wohnanlagen. Nebenbei fördert es den gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen Jung und Alt.

Temporäres Wohnen:

Es müssen auch eher unkonventionelle Ideen weiter gedacht werden und formen temporären Wohnens angegangen werden. Hierzu kann eine Kommune Freifläche vorübergehend als Bauland ausweisen, um es einer temporären Wohnnutzung zur Verfügung zu stellen. Eine im europäischen Ausland sehr erfolgreiche Variante des temporären Wohnens stellen Wohncontainer dar. Denkbar wäre diesbezüglich auch die Werbung bzw. finanzielle Unterstützung für Privathaushalte, die kurzfristig studentischen Wohnraum bereitstellen können.

Wir Liberale lehnen übermäßige staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt, welche über den ordnungspolitischen Rahmen hinausgehen ab. Einer „Mietpreisdeckelung“ erteilen die Liberalen Hochschulgruppen eine klare Absage. Stattdessen packen wir die Probleme an der Wurzel und behandeln nicht deren Symptome.